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Humanitäres Aufnahmeprogramm: LSBTI aus Afghanistan berücksichtigen

Aufruf von 41 Organisationen an Ministerinnen Baerbock und Faeser

Berlin. 31. Mai 2022. Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung ein humanitäres Aufnahmeprogramm für Afghanistan vereinbart. Bis heute gibt es jedoch keine explizite Zusage seitens der Bundesregierung, dass sie über die noch von der alten Bundesregierung ausgesprochen 80 Zusagen weitere lesbische, schwule, bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) aus Afghanistan aufnehmen wird. In einem gemeinsamen Brief an Bundesaußenministerin Baerbock und Bundesinnenministerin Faeser fordern nun 41 Organisationen, dass einer möglichst großen Anzahl gefährdeter LSBTI aus Afghanistan Schutz in Deutschland gewährt wird. Dazu erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Dem Auswärtigen Amt liegen seit Monaten Fälle mit Namen gefährdeter afghanischer LSBTI vor, die verzweifelt auf Rettung warten. Doch bei Bundesaußenministerin Baerbock und Bundesinnenministerin Faeser stoßen wir bisher auf taube Ohren mit unserer Forderung, auch gefährdete LSBTI bei dem im Koalitionsvertrag vereinbarten humanitären Aufnahmeprogramm explizit zu berücksichtigen. Zusammen mit 40 Organisationen fordert der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) nun endlich klare Zusagen seitens der Bundesregierung.

Folter, Morde, außergerichtliche Hinrichtungen, Todesstrafe: Nach der Machtübernahme durch die Taliban schweben Lesben, Schwule, bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) in Afghanistan in Lebensgefahr. Die Flucht in die benachbarten LSBTI-Verfolgerstaaten wie Iran und Pakistan bedeutet keine Sicherheit.

Die von uns und anderen Organisationen beim Auswärtigen Amt eingereichten Fälle müssen endlich geprüft und einer möglichst großen Anzahl gefährdeter LSBTI aus Afghanistan Schutz in Deutschland gewährt werden. Bei der Prüfung muss auf das Kriterium des Menschenrechtsaktivismus mit Bezug auf LSBTI verzichtet werden. Denn: Bereits vor der Machtübernahme der Taliban waren queere Personen in Afghanistan einer massiven Verfolgung, auch in Form von Kriminalisierung, ausgesetzt. Öffentlichen Aktivismus für die Menschenrechte von LSBTI konnte es daher in Afghanistan nicht geben. Ihn als Kriterium anzulegen, würde LSBTI als eine der am meisten gefährdeten Personengruppen in Afghanistan faktisch ausschließen.

Die Bundesregierung hat seit März etwa 800 besonders gefährdeten Personen aus Afghanistan eine Aufnahmezusage erteilt. Nach unseren Informationen ist darunter keine einzige Person, die der Bundesregierung wegen ihrer Gefährdung als LSBTI gemeldet wurde.

LSBTI werden auch bei der Familienzusammenführung zumindest im klassischen Asylsystem faktisch ausgeschlossen. Nur die als Eheleute und leibliche Kinder definierte „Kernfamilie“ wird berücksichtigt. Würden diese Maßstäbe auch bei der Aufnahme von LSBTI-Afghan*innen angelegt, würden gleichgeschlechtliche Paare dafür bestraft, dass ihre Beziehungen in Afghanistan lebensgefährlich sind und nicht rechtlich anerkannt werden. Auch hier darf Deutschland nicht die Diskriminierung im Herkunftsland in seinem eigenen Verwaltungshandeln fortsetzen. Gleichgeschlechtliche Paare, die im Herkunftsland verfolgt wurden, müssen vom Auswärtigen Amt bei der Familienzusammenführung mit Ehepaaren gleichgestellt werden!

Zusammen mit weiteren Organisationen hat sich der LSVD bereits im Dezember 2021 an die beiden Ministerinnen gewandt, mit der dringenden Bitte, auch gefährdete LSBTI im humanitären Aufnahmeprogramm gebührend zu berücksichtigen. In einem zweiten Schreiben im Februar 2022 haben wir unsere Forderungen wiederholt und konkretisiert. Weder haben wir bisher auf eines der beiden Schreiben eine Antwort vom Auswärtigen Amt bzw. Bundesinnenministerium erhalten, noch hat sich die Bundesregierung öffentlich zu einer Aufnahme von LSBTI bekannt.

Das Schreiben an Bundesministerin Baerbock und Bundesinnenministerin Faeser unterstützen:
  • 6Rang (Iranian Lesbian and Transgender Network)
  • ACAT Deutschland (Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter e.V.)
  • Aktionsbündnis gegen Homophobie e.V.
  • All Out
  • Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.
  • Berliner Aids-Hilfe e. V.
  • Buddhismus unter dem Regenbogen (Deutsche Buddhistische Union)
  • CSD Bremen
  • Deutsche AIDS-Hilfe e.V..
  • Deutsche Sektion der Women's International League for Peace and Freedom (WILPF)
  • Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
  • HÁWAR.help
  • ILGA-Asia
  • ILGA-Europe
  • Jugendnetzwerk Lambda e.V.
  • Kabul Luftbrücke
  • Katholisches LSBT+ Komitee
  • LesbenRing e.V.
  • Luftbrücke Afghanistan
  • medica mondiale e. V.
  • Mission Lifeline e.V.
  • Munich Kyiv Queer
  • Nürnberger Menschenrechtszentrum e.V.
  • Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e.V.
  • Outright International
  • Pro Asyl
  • PROUT AT WORK
  • Quarteera e. V.
  • Queer Amnesty Berlin
  • Rat&Tat–Zentrum für queeres Leben e.V. (Bremen)
  • Rosa Strippe e.V.
  • Schwulenberatung Berlin
  • Solidarität mit der Bürgerbewegung in Russland e.V. (Solidarus)
  • Terre des Femmes Menschenrechte für die Frau e.V.
  • The LGBT life e.V.
  • urgewald e.V.
  • Verband afghanischer Organisationen in Deutschland e.V. (VAFO)
  • vielbunt e.V.  (Darmstadt)
  • WostoQ-Regenbogen e.V.
  • Völklinger Kreis e.V.  

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist ein Bürgerrechtsverband und vertritt Interessen und Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Menschenrechte, Vielfalt und Respekt - wir wollen, dass LSBTI als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität akzeptiert und anerkannt werden.

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