Genfer Konfusion – Ein nicht unparteiischer Kommentar zum ATT
Über seine Mitgliedschaft im WFSA, dem World Forum on Shooting Activities, konnte der BDS als Beobachter an der Sitzung der 2. Konferenz zum Arms Trade Treaty - ATT (Wikipedia) vom 22. bis zum 26. August in Genf teilnehmen.
Alle Sitzungsdokumente einschließlich Abschlussbericht können hier in englischer Sprache abgerufen werden: Link.
Der ATT-Vertrag bezweckt die Regulierung des internationalen Waffenhandels und die Verhinderung von Waffenschmuggel. Sportschützen und andere Legalwaffenbesitzer sind damit nicht direkt vom Regelungsumfang betroffen.
Allerdings machten manche staatliche und viele nichtstaatliche Teilnehmer der Sitzung unmissverständlich klar, dass sie über den ATT hinaus Waffen ablehnen und strenger regulieren oder verbieten möchten, wenn es in ihrer Macht stünde.
Die Gruppe der Waffenbefürworter unter den Teilnehmern aus der Zivilgesellschaft (Beobachter) sahen sich als Grüppchen von weniger als einem Dutzend einer Übermacht von 50 bis 60 Gun-Control-Aktivisten gegenüber. Diese setzten in öffentlichen Äußerungen, Präsentationen und Gesprächen alles daran, Waffen für alles Übel der Welt alleinverantwortlich zu machen: Von Krieg und Gewalt über sexuelle Unterdrückung bis hin zu Analphabetismus.
Die Logik dahinter anschaulich aus einem konkreten Beispiel: Die „Women‘s International League for Peace and Freedom (WILPF)“ rügte Schweden für den Verkauf eines Luftüberwachungsradars an Saudi-Arabien. Mit diesem könne festgestellt werden, wo keine feindlichen Flugzeuge seien, woraufhin Bodentruppen in diese Gegend entsandt werden könnten. Diese würden in Kämpfen auch Schulen beschädigen, wonach durch Unterrichtsausfall die Bildung leide. Da somit Mädchen nicht ausgebildet würden, würde die Unterdrückung der Frau aufrechterhalten werden, was damit Schuld des schwedischen Radargeräts sei.
Nämliches dürfte allerdings auch für die Kaffeemaschine gelten, aus der sich der Radarbediener sein Heißgetränk holt, nur dass diese Geräte dann doch noch nicht vom ATT erfasst werden. Dass bei einem derart weit gefassten Verursacherprinzip auch der Legalwaffenbesitz als problematisch angesehen wird, darf dann aber nicht weiter verwundern.
Die Gun Control Gruppen sind dabei augenscheinlich hervorragend finanziert. Ihre Mittel bekommen sie direkt durch staatliche Förderung aber beispielsweise auch über Organisationen wie UNICEF, Transparency International, Amnesty International Schweden, Caritas Frankreich oder Pax Christi International, bei denen man das nicht unbedingt vermuten würde und natürlich durch Spenden.
Das ist kein Plädoyer gegen wohltätige Spenden. Den wohlhabenden Ländern und ihren Bürgern steht es wohl an, sich gegen Hunger und Menschenrechtsverletzungen zu engagieren, vor allem auch finanziell. Aber das Geld ist regelmäßig bei (kleinen) Organisationen, die die Mittel z.B. direkt bei den Bedürftigen einsetzen und/oder sich für die Gleichberechtigung, Flüchtlinge und Bildung vor Ort einsetzen, besser aufgehoben, als bei großen internationalen Wohltätigkeitskonzernen, mit eigener, oft nicht ganz leicht zu durchschauender Agenda. So mancher gibt unwissend Geld für die Entwaffnungsbewegung und finanziert zu einem Teil auch die Lobby Tätigkeit, die die Teilnahme von großen Abordnungen ermöglicht, bei UN, EU und in den Einzelstaaten.
Tagelang überwogen in den immer gleichen Redebeiträgen der Staatenvertreter Eigenlob und ausufernd verkündete Freude über den Erfolg des ATT. Als Erfolg zählt dabei schon, dass mehr und mehr Staaten dem Vertrag beitreten. Dass in den anderthalb Jahren, seit der Vertrag geschlossen wurde, Krieg und Unterdrückung auf der Welt weitergingen und neu begonnen wurden scheint nicht als erfolgsmindernd zu gelten. Ebenso wenig, dass gerade in Europa die Zahlen von mit illegalen Waffen durch Terroristen Ermordeten Bürger in den letzten Monaten neue Höchststände zweier Jahrzehnte erreicht haben.
Durch die Bank herrschte gleichwohl hohes Lob für den ATT vor und immense Erwartungen in diesen Vertrag. Insoweit scheinen sich unerfüllbare Hoffnungen aufzubauen.
Denn Waffen sind kaum der Grund für Gewalt, von der häuslichen, kriminellen, sexuellen bis zum ausgewachsenen Krieg, sondern bloßes Mittel zum Zweck.
Kein vernünftiger Bürger ist gegen den Kampf gegen illegale Waffen. Ganz im Gegenteil müssen sich beispielsweise deutsche Sportschützen innig wünschen, dass der Staat seine begrenzten Ressourcen effizient gegen die illegalen Waffen richtet und nicht für Bürokratie gegenüber Legalwaffenbesitzern verschwendet. Erneut: Niemand mit klaren Verstand kann gegen Maßnahmen gegen illegale Waffen und deren Handel sein... nicht als von Terror bedrohter Staatsbürger und auch nicht als Sportschütze, der genau weiß, dass sich bei jeder Straftat mit einer illegalen Waffe ein nützlicher Idiot findet, der deshalb neue Verbote und Einschränkungen der legalen Waffenbesitzer fordert.
Viele Nationen schaffen in ihren Reden den Schwenk von der Regulierung des internationalen Waffenhandels und Waffenschmuggels (dem ausdrücklichen Zweck des ATT) zu Forderungen nach "Entwaffnung" und Kritik am legalen Waffenbesitz. Dieser wird als Quelle für illegalen Waffenhandel verdächtigt. Als ob Diktatoren, Warlords, Terroristen und Verbrecher je scharf auf Sport- und Jagdwaffen gewesen wären, wo sich doch Sturmgewehre, Maschinengewehre und anderes schwere Gerät anscheinend problemlos beschaffen lässt. Es ist nicht die Schuld des ATT, dass manche Länder und viele NGO (non-governmental organizations = Nichtregierungsorganisationen) den legalen Waffenbesitz als Problem und daher Ziel des Vertrages ansehen – sollte aber Warnung sein.
Auch bemerkenswert: Obwohl der ATT alle konventionellen Waffen betrifft – von der Pistole über den Panzer und das Kampfflugzeuge bis zum schweren Kriegsschiff – fanden die Handfeuerwaffen mit Abstand die meiste Beachtung und fast ausschließliche Erwähnung.
Selbstkritik der Länder, selbst derjenigen mit kritischer Sicherheitslage oder bedenklichem Umgang von Waffen Ex- und Importen, war hingegen Fehlanzeige.
Obwohl der ATT zwei sehr eindeutig formuliert Ziele hat – erstens Regeln für den internationalen Waffenhandel zu schaffen und zweitens den illegalen Waffenhandel zu bekämpfen – scheinen viele Redner Probleme mit der Formulierung dieser Ziele zu haben. Denn auffällig oft war als erstem Ziel stattdessen von der Regulierung von Waffen die Rede. Ob dahinter schlampige Ausdrucksweise, unzureichende Englischkenntnisse, freudsche Versprecher oder Wunschdenken steckt, kann nur geraten werden.
Wachsamkeit und Aufmerksamkeit ist den Legalwaffenbesitzern und ihren Verbänden auf jeden Fall anzuraten. Nicht nur, aber gerade auch auf langatmigen Konferenzen.
|